Schnipsel 48 | 2013

F O R E C L O S U R E S – zu Deutsch:  Zwangsvollstreckung. So der Titel einer Arbeit von Bruce Gilden, die er in den USA zwischen 2008 und 2011 in den Regionen von Myers Florida, Detroit Michigan, Fresno California und Las Vegas Nevada fotografiert hat und auf eine sehr unprätentiöse Art und Weise die leerstehenden Häuser säumiger Schuldner zeigt. Die vollkommene Abwesenheit von Menschen, die gerade bei der Arbeit von Bruce Gilden überrascht, entfaltet bei dieser Arbeit ihren Sinn: schließlich mußten die Menschen auf Grund der geplatzten Immobilienblase ihre Häuser, ihr Heim, ihr Castle verlassen. Übrig sind die Ruinen, die als stumme Zeugen in der Landschaft stehen und in ihrer Nacktheit als Interpretationsfläche für vergangenes Glück dienen. Leider ist die Publikation – obwohl gut gestaltet – schlecht realisiert und die Bilder lassen Schwärze und Tiefe missen. Bruce Gilden hat für diese Arbeit auch eine sehenswerte Multimediapräsentation erstellt, die auch Interviewpassagen mit den Nochbesitzern enthält. Die Broschüre wurde realisiert von Browns Editions (UK) in einer kleinen Auflage von 500 Stück und nummeriert. Nette Idee: ein Teil der Auflage wird mit einer gefunden Original-Postkarte aus einer der im Heft erwähnten Regionen verkauft.


E L F U H R E L F – ist ein deutsches, genauer ein Kölner Projekt, welches wie die Arbeit von Bruce Gilden mit der Hilfe von Crowdfunding als Buch realisiert werden soll. Und – man ahnt es nicht nur – es geht um den Karneval in Köln. Neun FotografInnen Ute Behrend, Theodor Barth, Thekla Ehling, Dirk Gebhardt, Matthias Jung, David Klammer, Frederic Lezmi, Nadine Preiß und Wolfgang Zurborn haben sich ins närrische Treiben gestürzt um Bilder jenseits des Mainstreams und der allgegenwärtigen Unterhaltung gesucht. Ein erwähnenswertes Projekt, da es doch nur noch wenige Gemeinschafts- und Gruppenprojekte in der Deutsche Fotoszene gibt. Ein ambitioniertes Projekt, weil das Thema, obwohl es voller Bilder ist, doch sehr schwer zu fotografieren ist. Karneval ist ein Fest an Bildern und die Aufgabe ist groß, diese schon fertigen und für uns Zuschauer schon inszenierten Bilder zu brechen, neu zu sehen und in einen anderen, vielleicht kritischen Kontext zu stellen. Schön, dass sich endlich mal wieder jemand an diesem Thema versucht hat. Hoffen wir, dass es gelingt. Wer also dieses gute und ambitionierte Fotografie-Projekte unterstützen will, hier kann er oder sie das tun.

P H O T O N E W S – die Zeitung für Fotografie in Deutschalnd wird 25 Jahre alt. Und damit nicht genug: die Redaktion hat dafür eine Glückwunschseite eingerichtet und Fotografen & Fotografinnen sind aufgefordert, dort ihre Glückwünsche zu hinterlassen. Mit aller Bescheidenheit, die wir von Denis Brudna und Anna Grip kennen, schreiben sie: „wollen wir aber nicht nur uns feiern, sondern das, was alle Beteiligten verbindet: die Fotografie. Daher wünschen wir uns als Glückwunsch zum Geburtstag ein Bild, eine Fotografie: d a s  gute Bild  – versehen mit einem Kurztext zur Fotografie, zu 25 Jahren Photonews  oder einfach zum guten Bild.“ Glückwunsch ! zu dieser Zeitung. Auf weitere Jahre mit inspirierender Fotografie, kritischen Texten, gut kuratierten Informationen und Danke für diesen verlässlichen Navigator durch den Dschungel der Fotografie.

S A U L  L E I T E R – ist diese Woche gestorben. Hier ein ungewöhnliches Interview mit ihm (time.com). Der Maler und Fotograf zählt zu den amerikanischen Pionieren der Farbfotografie. Leider ist es ihm erst sehr spät gelungen ein größeres Publikum für seine Arbeiten zu begeistern – zumindest in Europa. Zur Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen im Frühjahr 2012 erschien ein schöner Katalog, der umfassend in die Arbeit von Leiter einführt. Einen sehr gut geschriebenen Nachruf auf Saul Leiter habe ich im New Yorker gefunden – dem ist nichts hinzuzufügen.

R E F U G E E  H O T E L – ist eine Arbeit der Fotografin Gabriele Stabile und der Journalistin Juliet Linderman. Eine intensive Arbeit über die erste Nacht von Flüchtlingen nach ihrer Ankunft in New York. Hier ein Interview mit Gabriele Stabile auf dem Blog von Miss Rosen, einer Autorin und Künstlerin aus New York.

L A M P E D U S A – ist überall. So der Slogan der Unterstützer und Unterstützerinnen der erst in Lampedus und dann in München, Frankfurt, Berlin oder Hamburg gestrandeten Flüchtlinge. Die Fotografin Maria Feck hat die rund 80 Menschen in ihrem Kirchenasyl in Hamburg St. Pauli begleitet. Auch hier ein kurzes Interview. Beide Arbeiten, sowohl die in den USA, als auch die in Deutschland entstandenen Arbeit, sind freie Produktionen und zeigen wie wichtig die Eigeninitiative von freien (Foto)Journalisten und Journalistinnen ist.

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