Der Tod kommt später, vielleicht

Es ist ein deutsches Buch, welches da mit seinen 30 x 23 cm vor mir auf dem Tisch liegt (Kehrer Verlag, Hardcover, 136 Seiten). Der Titel ist deutsch, die Texte sind auf deutsch von Deutschen geschrieben und die Fotografien sind von einem Deutschen gemacht – über ein Thema, welches nicht deutscher und umstrittener in Deutschland sein könnte: Die Deutsche Armee.

Jörg Gläscher, hat dafür  vier Jahre lang die deutschen Soldaten weltweit beobachtet und begleitet und es ist ihm gelungen mit einer distanzierten und formal strengen, fast kühlen Fotografie das Dilemma der Truppe in ein wunderbares, dichtes Essay zu fassen: brauchen wir eine Bundeswehr, müssen wir unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen, dürfen wir Deutschen wieder Krieg führen und das auch so benennen?

Es sind Bilder, die nie heroisch sind, die nie das bestätigen, was wir von so genannten Reportagen über das Soldatenleben kennen. Es sind Bilder die zwischen Krieg führen, Krieg spielen und im Krieg sein chanchieren. Selten weiß man, wo genau man sich befindet, noch seltener kann man realisieren, ob es Ernst ist oder ob die Soldaten noch üben. Beim Durchblättern schwanke ich zwischen Erstaunen, Lachen und der Erkenntnis, wie profan das Soldatenleben sein kann. Diese Profanität über der immer ein bisschen auch der Tod lauert, ist das Bestimmende an diesem Buch und macht auch seine Stärke aus. Wir sehen Bilder, die uns nicht vorgeben, was wir zu denken haben, sondern sie machen uns das Angebot, das Gezeigte lesen zu können und vielleicht ein wenig mehr zu verstehen, was es heute heißt ein Deutscher Soldat zu sein.

Auch als Objekt, als Buch funktioniert es gut. Die Bilder überwiegend als Tafeln – fast immer mit einer Vakatseite auf der linken Seite – angeordnet, haben eine spannende Abfolge, die mich von einer spannenden Aufnahme zur nächsten spannenden und vielleicht absurden Darstellung  leiten. Hier wird nichts buchstabiert und erklärt. Die Kraft der Bilder und ihre assoziative Zusammenstellung macht Spaß beim Blättern und die Textchen von sieben Autoren und Autorinnen geben uns weiteres Futter, um über das Dilemma der Truppe weiter nachzudenken.

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